Unfreier „Freier Mitarbeiter“ Teil II: Darlegungs- und Beweislast bei Zulässigkeit des Rechtsweges
Der Artikel Unkalkulierbares Risiko: der unfreie “Freie Mitarbeiter” hat beim geneigten Publikum eine Menge weiterer Fragen aufgeworfen, die es nun zu beantworten gilt. Insbesondere wurde die Redaktion von IhrArbeitsrecht.de zum Thema „Statusklage“ befragt und was hierbei zu beachten ist.
Die erste Hürde, die hier nämlich zu nehmen ist, ist die Zulassung der Klage beim Arbeitsgericht, weil ja die Arbeitsgerichte in der Regel nur für Klagen zuständig sind, die im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis stehen.
Wie kommt also Jemand, der als Freier Mitarbeiter behandelt wird überhaupt dazu eine Klage vor dem Arbeitsgericht erheben zu dürfen.
Die 16. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hessen hatte im Juli 2012 im Zusammenhang mit einer solchen Statusklage über eine sofortige Beschwerde entscheiden und noch einmal wichtige Ausführungen zu den prozessualen Pflichten der Parteien gemacht. Die Lektüre des gesamten Beschlusses lohnt, vorab aber das Wichtigste in der Zusammenfassung.
Einleitend führt das LAG aus: „Das Arbeitsverhältnis unterscheidet sich vom Rechtsverhältnis eines freien Mitarbeiters durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete befindet. Die Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation zeigt sich insbesondere daran, dass der Beschäftigte einem Weisungsrecht des Vertragspartners (Arbeitgeber) unterliegt, das Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen kann (Bundesarbeitsgericht 25. Mai 2005-5 AZR 347/04). Arbeitnehmer ist, wer im Gegensatz zum Handels- und Versicherungsvertreter nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann.“
Im Hinblick auf die Anforderungen an die Darlegungslast führt das Gericht weiter aus: „In Fällen, in denen der Anspruch lediglich auf eine arbeitsrechtliche Anspruchsgrundlage gestützt werden kann und lediglich fraglich ist, ob deren Voraussetzungen vorliegen (so genannter sic-non-Fall), z.B. die auf Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses gerichtete Klage, reicht die bloße Rechtsansicht des Klägers, er sei Arbeitnehmer, zur Bejahung der arbeitsgerichtlichen Zuständigkeit aus (Bundesarbeitsgericht 24. April 1996 -5 AZB 25/95)“. Wenn also Jemand nur dann eine Leistung beanspruchen kann, wenn er Arbeitnehmer ist, dann reicht es aus, wenn er behauptet einer zu sein. Wer als „Freier Mitarbeiter“ z.B. festgestellt haben will, dass ihm ein gesetzlicher Urlaubsanspruch zusteht, muss zunächst behaupten Arbeitnehmer zu sein, weil ihm der gesetzliche Urlaubsanspruch nur dann zusteht, wenn er Arbeitnehmer ist, § 2 BUrlG. Diese Behauptung dient dann als Grundlage für die eigentliche Klage.
Einfach nur zu behaupten Arbeitnehmer zu sein, reicht in Fällen, in denen ein Anspruch entweder auf eine arbeitsrechtliche oder eine bürgerlich-rechtliche Anspruchsgrundlage gestützt werden kann, nicht aus. Das liegt daran, dass sich die in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen faktisch gegenseitig ausschließen (so genannter aut-aut-Fall). Wer Bezahlung für seine Tätigkeit verlangt kann dies entweder als Freier Mitarbeiter oder als Arbeitnehmer tun, aber nicht beides gleichzeitig. In diesem Fällen muss der sog. Tatsachenvortrag zur Arbeitnehmereigenschaft muss zumindest schlüssig sein.
„Die Darlegungs- und Beweislast für die die persönliche Abhängigkeit begründenden Tatsachen liegt bei der Partei, die geltend macht, der Dienstverpflichtete sei Arbeitnehmer. Die Darlegungslast des Prozessgegners ist in Bestehen und Umfang davon abhängig, wie die darlegungspflichtige Partei vorgetragen hat. Fehlt es bereits an einem schlüssigen Tatsachenvortrag, besteht auch keine Erklärungslast. Wurden zwar alle zur Begründung des behaupteten Rechts erforderlichen Tatsachen vorgetragen, aber nicht näher konkretisiert, so genügt ein einfaches Bestreiten. Hat der Kläger substantiiert vorgetragen, trifft den Gegner die Pflicht zur konkreten Erwiderung nach § 138 Abs. 2 ZPO.“
Wer also von sich behauptet Arbeitnehmer zu sein, muss die Behauptung begründen indem er konkrete Tatsachen vorträgt. Also z.B. „ich war für das Unternehmen täglich von 8 bis 16 Uhr tätig, ich erledigte allgemeine Büroarbeiten und mussten den Anweisungen des Unternehmers Folge leisten.“
Damit ist hinreichend substantiiert zur Arbeitnehmereigenschaft vorgetragen. Der Unternehmer kann in diesem Fall dann nicht einfach erklären: „Nein, so war es nicht!“, sondern muss seinerseits substantiiert zum Vorliegen eines freien Dienstvertrages vortragen. Z.B. „Der Mitarbeiter konnte kommen und gehen wann er wollte, er hatte weder eine festen Arbeitsplatz noch hatte er meinen Weisungen zu folgen. Die Bezahlung erfolgte auf der Grundlage der vom Mitarbeiter vorgelegten Rechnung.“
Welche Behauptung dann stimmt, wird in einer Beweisaufnahme im Rahmen der Statusklage zu klären sein.
Das in diesem Artikel verwendet Foto stammt von efbewe.
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